Über das Staunen und Nicht Wissen als wesentlicher Bestandteil meiner künstlerischen Arbeit

Mein Anliegen ist es das Staunen und Wundern und das Nicht Wissen wieder zurück in die Anschauung (der Natur) zu holen. In einer Zeit wo man vermeintlich alles googeln kann, betitle ich meine letzte große Arbeit: „How Can You Google, What Is Unknown“.

Und so geht es mir in meinen Arbeiten um ein eigentlich sehr altes Angebot, welches Kunst verspricht. Im frühen Mittelalter, als ein Großteil der Bevölkerung weder lesen noch schreiben konnte, also vor Gutenberg und der Erfindung der Druckgrafik, wurden Bilder in Europa in den Kirchen dazu verwendet die Heilsgeschichte zu vermitteln. Einen Einstieg in eine religiöse, nicht materielle Welt anzubieten und die Menschen und deren Geist im wahrsten Sinne des Wortes zu bilden.
Die ursprüngliche Kraft und Magie die Bildern inne wohnt, ist nicht schwächer geworden, vielleicht ist nur die Penetranz mit der in unserer Welt zum Großteil konsumorientierte Botschaften visuell vermittelt werden, extrem angestiegen. Und vielleicht ist die Botschaft meiner Arbeit, dass es keine Botschaft gibt, die erkannt werden soll, sondern vielmehr eine Einladung wahrzunehmen was da ist, ohne dass es gesagt oder gewusst ist. Und das kann natürlich für jeden Betrachter etwas anderes sein. Mir gefällt die FLOW Bewegung. Ein paar spleenige Engländer, die sich mit einer anderen Sicht auf die Welt beschäftigen, die weder linear noch berechenbar noch nachweisbar ist. Die z.B. behaupten, das unsere Mathematik eigentlich nur einen Annäherungsversuch an einen bestimmten Zustand darstellt, nicht aber die Realität beschreibt oder gar wiedergibt. So ist die Zahl vier nicht nur ein vierfaches von eins und die Hälfte von acht, sondern eine flexible Einheit, die um sich herum sozusagen vibriert und nur der Einfachheit halber als Vier bezeichnet wird, eigentlich aber wie der Klang einer Gitarrenseite in unterschiedliche Richtungen schwingt und wahrnehmbar ist und zu anderen Tönen tendiert. Dh. versteht man die Vier als fixe, unveränderliche Wahrheit, läuft man Gefahr den Reichtum an Zwischentönen zu verpassen.
Und hier sehe ich eine Parallele zu meinem Arbeitsansatz. Ich lass dem verwendeten Materialien wie Papier, Kupfer und Säure, der Farbe und den unterschiedlichen Eigenheiten der Drucktechniken und meiner sich ständig verändernden Wahrnehmung viel Raum und Freiheit zur Mitgestaltung. Der Fokus auf die sichtbare Form einer Pflanze ist für mich nur der Einstieg in die Arbeit, ein Hilfsmittel um meine Wahrnehmung einzugrenzen und auf eine Sache zu lenken. Dabei geht es mir aber nicht darum einer bestimmten inneren Vorstellung oder einer von außen gegebenen Form nachzueifern, sondern durch das was ich als Kommunikation mit dem Gesehenen aber auch den verwendeten Mitteln verstehe, zu einem Ergebnis zu kommen. Das was später als Bild sichtbar ist, könnte auch als Dokumentation, als Aufzeichnung der Kommunikation verschiedener Instanzen oder Wesenheiten bezeichnet werden. Zumindest ist diese Sicht für mich sehr erfrischend. Und so schliesst sich für mich auch wieder der Kreis zum Staunen, denn wenn ich während dem kreativen Arbeiten Kontrollverlust einbaue, entstehen Dinge die überraschend sind. So ist mein Arbeiten ein bewusst unbewusstes Arbeiten, ein Pendeln zwischen genauer Versuchsanordnung und anarchischem Chaos mit einem außerordentlich vielseitigem Team zu dem Pflanzen, Papier, Pinsel, Farben und auch Gespräche, Standbesucher, Reisen, Farbstimmungen und Launen dazugehören.